Vorwort.
Die hier
gesammelten kurzen klinischen Vorträge sind auf Wunsch der Teilnehmer
des erbbiologischen Kurses, der Anfang März in der Nervenklinik der
Charité für Psychiater und Neurologen gehalten wurde, veröffentlicht
worden. Abgesehen von dem von den Kursteilnehmern erbetenen Vortrag über
die Technik der Sterilisation sind lediglich die psychiatrisch-neurologischen
Fragestellungen, die sich aus dem Gesetz bei den in Betracht kommenden
Erkrankungen im Einzelfall der Praxis für den Arzt ergeben, behandelt.
Von der klinischen Diagnose hängt ja die Entscheidung des Erbgerichts
ab, die Sicherheit der Diagnose ist die erste Voraussetzung für alles
Weitere. Die Aufgabe des Arztes, insbesondere des Psychiaters, der die
Diagnose zu stellen hat, ist also eine äußerst verantwortliche.
Es sind nicht bloß die differentiellen Schwierigkeiten der Artdiagnose,
die, wie jeder Kliniker weiß, oft nicht gering sind, z. B. bei der
Frage, ob symptomatische oder schizophrene Psychose, ob endogene oder
reaktive Depression, sondern vielleicht mehr noch solche der quantitativen
Ausbildung der Erkrankung. Denn wo die Grenze zwischen einer erbbiologisch
unbedenklichen Debilität und einem sicher auszumerzenden
Schwachsinn gelegen ist, wann eine endogene Verstimmung dem Grade
nach mit Sicherheit dem eigentlichen manisch-depressiven Irresein zuzuweisen
ist, läßt sich nicht mit der Schärfe einer Paralysediagnose
abgrenzen. Hier
wird sich allmählich ein Übereinkommen in der psychiatrischen
Praxis entwickeln müssen, das sich aus der Vertiefung der erbbiologischen
und klinischen Erfahrung ergeben wird.
Durch das
Gesetz sind für die psychiatrische Forschung starke Anregungen gegeben
worden. So ist eine weitere Klärung der Kenntnis der Umgrenzung und auch
der Verursachung der Schizophrenien und der Epilepsien mehr denn je Erfordernis.
Das Studium der Manifestationstendenz von krankhaften Anlagen, ihre Beeinflußbarkeit
durch exogene Faktoren gewinnt an Wichtigkeit. Auch bisher vom Kliniker
weniger beachtete Fragen, wie z. B. die der Fruchtbarkeit bei den einzelnen
Erbkrankheiten, die Häufigkeit des Vorkommens von Organanomalien, welche
die Konzeption ausschließen, bedürfen der Untersuchung. Die Verkoppelung
von krankhaftem mit eugenisch wertvollem Erbgut
in demselben Individuum stellt besondere Aufgaben.
Aus der
Erwägung heraus, daß durch regelmäßige Mitteilung der Erfahrungen aus
den verschiedenen Kliniken der weitere Ausbau einer sachgemäßen Eugenik
im Sinne des Gesetzes am besten gefördert wird, schien mir die Veröffentlichung
der Vorträge geboten.
April 1934.
Bonhoeffer.
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Das
manisch-depressive Irresein
von
KARL BONHOEFFER.
Die Punkte,
die uns Klinikern beim Manisch-depressiven vom praktisch-eugenischen Gesichtspunkte
aus von Wichtigkeit sind, sind in erster Linie folgende:
1. Ohne alle
erbstatistischen Untersuchungen tritt jedem Kenner des Manisch-depressiven
die Tatsache entgegen, daß wir es bei ihm mit einer außerordentlich
starken Vererbungstendenz zu tun haben, wobei offenbar ein dominanter
Einschlag in Betracht kommt. Unter den häufigeren neurologischen
Affektionen ist es nur noch die Migräne, bei der uns in ähnlicher
Aufdringlichkeit die Erblichkeit entgegentritt.
2. Das Manisch-depressive
ist seinem Wesen nach keine eng umschriebene Krankheit, die sich in allen
ihren Äußerungsformen scharf von der Norm abhebt, sondern es
stellt, wenn man seine Reichweite überblickt, eine Reihe dar, an
deren einem Ende Temperamentsanomalien und Stimmungsschwankungen stehen,
die der Norm außerordentlich nahe stehen und die unter Umständen
kaum eine Störung der Gesundheit und der beruflichen Leistung bedeuten,
am anderen Ende stehen die schweren, mitunter das ganze Leben umfassenden
phasischen Erkrankungen und dazwischen liegen die mannigfaltigsten nach
Intensität und zeitlicher Ausdehnung wechselnden phasischen Abläufe.
Die Frage ist nun: Läßt sich im Einzelfall durch klinische
Beobachtung und Erblichkeitsuntersuchungen feststellen, bei welchem Grad
der Krankheitsausbildung und unter welchen erbbiologischen Verhältnissen
der Eingriff der Sterilisation eugenisch geboten ist? Sind etwa die klinisch
leichten Fälle
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erbbiologisch
besonders charakterisiert und auch erbbiologisch als leicht zu bezeichnen,
und liegt es ebenso bei den schweren?
3. Das Manisch-depressive
hat dadurch eine besondere eugenisch beachtliche Stellung, als
es im Gefolge seiner einzelnen Attacken nicht zum Defekt führt. Nach
Ablauf der Phase ist - das ist wenigstens die Regel - die intakte psychische
Persönlichkeit wieder vorhanden. Es liegt also anders als beim Schwachsinn
und auch anders als bei der Schizophrenie und Epilepsie. Die volkswirtschaftliche
Schädigung durch die manisch-depressiven Erkrankungen ist gar nicht
zu vergleichen mit der durch den Schwachsinn und die Schizophrenie verursachten
Belastung der Allgemeinheit.
Die Frage
des sterilisierenden Eingriffs wird hier zumeist mit einem urteilsfähigen
Individuum zu diskutieren sein. Es wird im gegebenen Fall in besonderem
Maße auf die freie Entschließung des Betreffenden hinzuwirken
sein und auch mit Erfolg auf eine eugenisch sachgemäße Einstellung
des Pat. hingewirkt werden können. Gerade im Umkreis des Manisch-depressiven
kann man sehr häufig die Beobachtung machen, der man bei anderen
Geisteskrankheiten kaum begegnet, daß die Pat. selbst aus einem
starken Verantwortlichkeitsgefühl heraus und im Bewußtsein
der Vererbbarkeit ihres subjektiv so schwer tragbaren Leidens den Arzt
um Verhinderung des Nachwuchses bitten, um diesen vor ähnlichem zu
bewahren.
4. Die Sippen,
aus denen sich die Manisch-depressiven rekrutieren und ebenso die Manisch-depressiven
selbst sind in einem nicht kleinen Prozentsatz geistig, künstlerisch
und oft auch charakterlich hochwertiger Art. Sehr häufig sind
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sie in den
Gemeinschaften ihres Interessenkreises irgendwie führend. Es ist
das eine Erfahrung, die sich jedem Kliniker ergibt, und Luxemburger hat
in seiner Studie über Berufsgliederung und soziale Schichtung der
einzelnen Kathegorien von Geisteskrankheit, Psychopathien und Defektzuständen
im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung dafür auch den statistischen
Nachweis geliefert. Die Frage ist also auch ganz besonders die, wie man
den positiven eugenischen Werten in den manisch-depressiven Sippen gerecht
wird.
Wenn ich
zu diesen 4 Punkten noch einiges Spezielle sagen darf, so ist zunächst
die Frage der Verbreitung der Manisch-depressiven in der Bevölkerung
von Wichtigkeit. Denn es ist klar, je verbreiteter eine solche erbbiologisch
einerseits bedenkliche, andererseits aber auch oft mit Wertvollem verkoppelte
Anlage ist, um so wichtiger und schwieriger ist die Ausmerze des Schädlichen,
über die Häufigkeit des Manisch-depressiven besteht keine volle
Einmütigkeit. Es ist charakteristisch, daß ein Kollege aus
einer Anstalt, den ich gebeten hatte, das Referat über das Manischdepressive
zu übernehmen, das ablehnte, weil sein Anstaltsmaterial ihm darüber
zu wenig an Erfahrung böte. Ich glaube, er hat darin recht, wenn
man über die Verbreitung des Manisch-depressiven ein Urteil bekommen
will, darf man sich nicht auf das Anstaltsmaterial beschränken, sondern
muß den Zugang der Polikliniken und Privatsprechstunden überblicken.
Das gibt ganz andere Zahlen. Ich glaube auch nicht, daß es richtig
ist, wenn vielfach behauptet wird, daß große Stammesunterschiede
hinsichtlich der Verbreitung des Manisch-depressiven bestehen, daß
ins-
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besondere
Norddeutschland sehr viel ärmer an Manisch-depressiven sei als Süd-
und Mitteldeutschland, speziell als Schwaben, Thüringen und Sachsen.
Wahrscheinlich ist es nur so, daß in diesen deutschen Stämmen
Sippen mit schwereren Erkrankungsformen vielleicht häufiger sind.
Ich kenne das Berliner Material seit 22 Jahren und habe lange Jahre auch
das Breslauer Material, auch Königsberg und Heidelberg, wenn auch
die letzteren nur in kurzem Überblick, gesehen. Nach meinen Erfahrungen
muß ich sagen, daß das Manisch-depressive im Norden eine große
Verbreitung besitzt, vor allem die leichteren, dem endogen Depressiven
zugehörigen Erkrankungen sind etwas durchaus häufiges.
Ich habe,
um eine unverbindliche Stichprobe zu machen, in meinem Sprechstundenmaterial
die letzten beiden Jahrgänge durchgesehen. Es hat sich dabei in jedem
Jahrgang etwa 20 Prozent des Gesamtmaterials als dem Manischdepressiven
zugehörig gezeigt. Demgegenüber wird das Aufnahmematerial der
Kliniken auf etwa 10 Prozent geschätzt, das der Anstalten auf noch
weniger. Es ergibt sich daraus, daß nur ein geringer Teil der Manisch-depressiven
in eigentliche Anstaltsbehandlung kommt und ein noch kleinerer Teil als
Dauerinsassen.
Tatsächlich
ist es erfahrungsgemäß so, daß ein recht großer
Prozentsatz der dem manisch-depressiven zugehörigen Patienten, wenn
nicht ein eklatanter melancholischer Symptomenkomplex mit melancholischen
Inhalten und starker Hemmung vorliegt, überhaupt verkannt wird. Sie
gehen unter der Flagge der Neurasthenie oder als Organneurosen, Magen-,
Darm-, Herzneurosen, sehr häufig als Sexual-
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neurasthenie
wegen des begleitenden Potenz- und Libido-verlustes, als Agrypnie, je
nachdem die einzelnen körperlichen Begleiterscheinungen mit besonderer
Betonung vorgetragen werden. Sie beunruhigen dann den behandelnden Arzt
ebenso häufig durch die Erfolglosigkeit aller angewandten lokalen
Behandlungen, wie sie ihn überraschen durch eine oft plötzliche,
von der angewandten Therapie ganz unabhängige Genesung, gelegentlich
aber auch durch ein Suizid, das den hinter den Beschwerden stehenden bis
dahin unterschätzten depressiven Affekt plötzlich beleuchtet.
Vielfach kommen sie - es handelt sich häufig um hypochondrisch gefärbte
manisch-depressive Mischzustände - erst in die psychiatrische Beobachtung,
wenn die Lokalbehandlung der Inneren, Chirurgen oder Organspezialisten
versagt hat. Für diese dem Fachneurologen wohlbekannten Fälle
ist ohne Zweifel das Wort Irresein nicht am Platze, und man muß,
wenn man solche Fälle im Auge hat, Kurt Schneider recht geben, wenn
er sagt, daß die Bezeichnung manisch-depressives Irresein schlecht
angebracht ist, weil diese Kranken nicht irre sind und weil häufig
auch die manischen Komponenten klinisch so gut wie ganz ausfallen. Daß
sie trotzdem in die Gruppe gehören, ergibt sich aus der Periodizität,
dem Grundtemperament und meist auch aus den Erblichkeitsverhältnissen.
Es handelt sich dabei um Individuen, die ihrem Beruf oft gar nicht und
jedenfalls nur vorübergehend für Wochen oder Monate entzogen
werden, die außerhalb der Phasen vollwertige, oft sogar besonders
tüchtige Menschen in ihrem Berufe sind. Es ist längst und nicht
erst unter dem Gesichtspunkt der heutigen Situation als Bedürfnis
erschienen, hier nicht von manisch-
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depressivem
Irresein zu sprechen, sondern von zyklothymer Psychopathie oder nach Bumke
in etwas veränderter Anwendung eines Bleulerschen Ausdrucks von Thymopathie.
Wir kommen mit dieser Gruppe an die Grenze, wo sich die krankhafte Anlage
mit den der Norm sich nähernden Verstimmungen berührt. Man kann
wohl im allgemeinen sagen, daß
d i e s e r P e r s o n e n k r e i s d e r M e h r
z a h l
n a c h n i c h t i n d e n B e r e i c h
d e r
A u s z u m e r z e n d e n
g e h ö r t. Freilich muß man sich klar sein, daß
noch allerhand Fragen offen sind. Irgendetwas Exaktes über die genauen
Erbbeziehungen dieser leichten Thymopathien zu den schweren Formen des
Manisch-depressiven ist meines Wissens nicht bekannt. Man hat wohl als
Kliniker Einzelerfahrungen und den Gesamteindruck, daß im Blutverwandtenumkreis
und wohl am häufigsten bei den unmittelbaren Aszendenten hier und
da mal ein Suizid vorgekommen oder eine Anstaltsbehandlung nötig
geworden ist, man kann Ähnlichkeiten oder Gegensätzlichkeiten
im Temperament bei den Aszendenten und Geschwistern feststellen, man trifft
aber auch oft auf lebendige Aktivität, besondere Tatkraft und Künstlertum,
warmherzige Menschlichkeit in diesem Umkreis. Unter welchen besonderen
erbbiologischen Verhältnissen es aber bei den Deszendenten dieses
Personenkreises zu den schweren Formen der melancholisch-manischen Geisteskrankheit
kommt, ist durchaus nicht hinreichend geklärt. Es ist - glaube ich
- eine wichtige Aufgabe, einmal den engeren Kreis dieser leichten Zyklo-thymiker,
wie sie sich in Privatsprechstunde, Polikliniken, Sanatorien und auch
im gewöhnlichen Leben finden in größeren Zahlen hinsichtlich
der Erblichkeitsverhältnisse zu
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untersuchen.
Vielleicht ergeben sich dann doch allmählich Gesichtspunkte, die
es ermöglichen, die unbedenklichen und vielleicht sogar zu fördernden
Teilanlagen von dem eugenisch Bedenklichen klinisch zu trennen.
Wie hat man
sich nun den ausgesprochen manischdepressiven Erkrankungen gegenüber
zu verhalten?
Bei den schweren
Formen - darunter verstehe ich die ausgesprochenen, häufig sich wiederholenden,
langdauernden Erkrankungen melancholischer oder manischer Art und die
eigentlichen unter Umständen durch Jahre sich hindurchziehenden zirkulären
Formen - wird man die Indikation zur Sterilisation gegeben sehen. Das
hört sich einfacher an, als es in der Praxis ist. Denn man kann es
klinisch einer ersten melancholischen Depression nicht ansehen, ob und
wann sie sich wiederholt. Es ist keineswegs eine klinische Rarität,
daß es bei einer einmaligen Phase bleibt, oder daß nach einer
Phase in der Jugend eine zweite in der Klimax oder im Präsenium kommt
und daß dazwischen ein voll ausgefülltes Leben fruchtbarer
Arbeit liegt. Soll man nun bei jeder als dem manisch-depressiven zugehörig
erkannten ersten Erkrankungsphase die Indikation zur Sterilisation gegeben
sehen? Ist es unbedingt im Interesse der Nachkommenschaft gelegen, wegen
der Möglichkeit des Auftretens solcher einmaliger oder jedenfalls
seltener und nur wenige Monate dauernden Erkrankungen die Fortpflanzung
ganz zu unterbinden? Wenn ich überblicke, was mir im Laufe meiner
ärztlichen Tätigkeit an Trägern manischdepressiver Anlagen,
die gelegentlich depressive oder manische Phasen gehabt haben, begegnet
ist, was sich unter ihnen und ihren Deszendenten an Werten von höher
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künstlerischer,
wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Begabung findet, so kann ich diese
Frage nicht kurzer Hand bejahen. Wir müssen noch viel Genaueres über
die erbbiologischen Beziehungen der Einzelablaufe der manisch-depressiven
Erkrankungen wissen, damit wir dann auch klinisch schon bei der ersten
Attacke einigermaßen in die Lage kommen, sicherere Prognosen über
den späteren Verlauf zu stellen.
Ich möchte
deshalb vorläufig folgende Stellung bei diesen Erkrankungen einnehmen:
Das Manisch-depressive steht in seiner eugenischen Bedeutung auf einer
etwas anderen Linie als die übrigen im Gesetz aufgeführten Erbkrankheiten.
Gerade weil es sich um eine an sich nicht zum Siechtum und geistigen Verfall
führende Erbkrankheit handelt, sondern um eine, welche die soziale
Brauchbarkeit der Individuen meist nur vorübergehend ausschaltet,
sich außerdem häufig mit wertvollen Erbanlagen verbindet, so
wird man sich die Erbqualitäten der betreffenden Sippe nicht nur
hinsichtlich des krankhaften, sondern auch hinsichtlich der besonderen
Begabungsanlagen ansehen müssen und sie in ihrem gegenseitigen Verhältnis
abzuschätzen versuchen. Man wird einen Kranken, bei dem die Familienanamnese
eine starke Neigung zu schweren manisch-depressiven Erkrankungen ergibt,
und der Patient selbst schon früh Neigung zu phasischen Schwankungen
zeigt, und andererseits in der Sippe keine besonderen Begabungsanlagen
bestehen, auch schon nach einer ersten klaren und länger dauernden
manisch-depressiven Erkrankung Unfruchtbarmachung empfehlen. Man wird
aber in einer Sippe geistig hochstehender Individuen behutsam sein und
die Möglichkeit einer Erkrankung eines Deszendenten in Kauf nehmen,
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wenn auf
der anderen Seite wertvolle Positiva erbbiologisch zu erwarten sind. Man
wird das besonders dann tun dürfen, worauf Luxemburger hinweist,
wenn der Kranke ein Einzelkind ohne Geschwister ist und er der einzige
Träger auch der guten Erbmasse ist. Man wird auch bei einem günstig
gelagerten hyperthymischen Temperament, das sich in wertvoller Aktivität
und Produktivität auswirkt, trotz einzelner phasenhafter Schwankungen
unter Umständen nicht zögern, die Fortpflanzung dieser Temperamentseigenart
eher zu fördern, als zu verhindern.
Alles in
allem heißt es gerade beim Manisch-depressiven: Kein Schematismus,
sondern sorgfältigstes Prüfen jedes Einzelfalles.
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Anhang
Die Technik der Unfruchtbarmachung
von G. A. WAGNER.
....
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...
Nach dem
allgemein geltenden Standpunkt der Heilkunde, daß nicht ungefährliche
Heilmittel nur dort anzuwenden sind, wo es sich um die Beseitigung eines
gefährlichen Leidens handelt, und daß zwischen der Gefährlichkeit
der Krankheit und der des Heilverfahrens ein bestimmtes Verhältnis
bestehen muß, wird bei der Frau die Indikation zur Unfruchtbarmachung
mit besonderer Sorgfalt zu stellen sein. Ohne Bedenken
wird man die unfruchtbar machende Operation bei einem Mädchen oder
Weibe machen, das selbst
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so
schwer erbkrank ist, daß die
bei verläßlicher Technik übrigens ganz minimale Gefährdung
der zu Operierenden riskiert werden darf, weil die Erhaltung dieses Lebens
für Niemanden von Wert. ist. Unsere Zeit ist - Gott sei dank
- wieder etwas härter geworden im Hinblick auf große Ziele,
die zu erreichen gelegentlich auch Opfer fordern mag. Hier wird der Arzt
also in keinen inneren Konflikt kommen, wenn er auch weiß, daß
der nicht restlos ungefährliche Eingriff nicht im Interesse der Operierten
selbst gemacht wird.
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