Sabine Schäfer-Möller                                                                                               Deidesheim, den 09.02.97
      Erfahrungsbericht über Angehörigengespräche  

    Es war schön eine besondere Konstellation: drei Geschwister ohne Eltern.  Wir zwei Schwestern waren für unseren Bruder im Wichern-Institut die einzigen familiären Bezugspersonen, da unsere Eltern kurz hintereinander gestorben sind.

    Mit diesem gravierenden Einschnitt in unser Familienleben hatten wir drei auf einmal ein engeres Verhältnis zueinander bekommen.  Jeder fühlte sich für den anderen verantwortlich.
    In der ersten Gesprächsrunde vor ca. 15 Monaten zusammen mit unserem Bruder, dessen Bezugstherapeuten, Herrn Roth, und Herrn Berhard, dem Psychologen des Hauses, hatten wir sehr gemischte Gefühle- wir waren unsicher, unruhig und sehr angespannt.  Viele Fragen waren da: Was kann uns solch eine Runde bringen?  Wird die"Chemie" zwischen den Beteiligten stimmen?  Werden gute Gespräche aufkommen?  Wie wird sich im Anschluß daran jeder von uns fühlen?

    Heute können wir sagen: Es hat uns gut getan.  Es hat uns alle miteinander weiter gebracht.  Es hat unser Geschwister-Verhältnis anfangs intensiviert, aber am Ende doch auch den notwendigen Abstand zu einander gebracht.
    Wir haben gelernt, aktiv zuzuhören und den anderen ausreden zu lassen.  Das war vorher nicht selbstverständlich.
    Mit unserer großen Spontaneität und impulsiven Art mußten die Therapeuten erst einmal zurecht kommen.  Aber sie haben es gut verstanden, unsere emotionalen"Ausbrüche" geschickt zu lenken.

    Wir durften Schwächen und Stärken zeigen.  Mit den verbalen Angriffen der anderen mußte sich jeder auseinandersetzen und dabei auch lernen, sowohl Kritik zu üben als auch selbst einzustecken.  Jeder von uns mußte die harte Erfahrung machen, daß in der einen oder anderen Situation einer allein stand gegen die beiden anderen.
    Und wir hatten zu akzeptieren, daß unsere Positionen sehr subjektiv waren, während die Therapeuten einen mehr objektiven Standpunkt einnahmen.

    Für uns alle war es auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Trauerverarbeitung und für unseren Bruder eine entscheidende Phase der Abnabelung und des Selbständigwerdens.
    Abschließend sind wir sehr froh, daß wir dieses Angebot des Gespräches so intensiv wahrgenommen haben.

    Jeder von eins hat viel daraus gewinnen können, manches Mal haben wir gelacht und manchmal war uns zum Heulen zumute.

    Wir vermissen diesen monatlichen gemeinsamen Termin jetzt schon.
    Am Ende hatten wir den Eindruck, daß Herr Roth und Herr Bernhard ein bißchen Freude
    an uns hatten - trotz allem! Sabine Schäfer-Möller Christiane Schäfer-Heintz

    Inhalt: "Was uns bewegt"